Eine Kunde wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde
Wir haben einen Kunden, den wir hier mehr oder weniger allesamt sogar namentlich kennen. Eigentlich ist das ein total netter, gepflegter und, so weit ich das aus den wenigen Gesprächen beurteilen kann, auch kein ungebildeter Mann. Ob er im wahren Leben promoviert hat, weiß ich nicht, aber nennen wir ihn einfach mal Dr. Jekyll. Aber Bildung und Nettigkeit schützen einen leider nicht davor, zum Alkoholiker zu werden. Und da haben wir sie, die zwei Charaktere.
Wenn erangetrunken komplett betrunken als Mr. Hyde zu uns kommt, ist er wie in einem anderen Universum. Komplett neben sich, so dass er oft nur noch mühsam laufen kann, teilweise mit diversen Ausscheidungen und Körperflüssigkeiten besudelt und die entsprechenden Duftnoten hinter sich herziehend. In diesem Zustand hat er nur noch ein Ziel: Alkohol. Alkohol. Alkohol. Das geht so weit, dass er den Laden betritt und noch bevor man überhaupt reagieren kann, hat er schon eine Flasche Korn oder Wodka geöffnet und ganz oder teilweise geext.
Vor ein paar Jahren hatten wir zufällig herausgefunden, wo er wohnt und wie er heißt und so hatten wir den kleinen Alkohol-Diebstahl kurzerhand angezeigt. Da kam er ein paar Wochen später auf uns zu und bat darum, die Anzeige wieder zurückzuziehen. Er sei ja ein anständiger Kerl und das alles tut ihm sehr Leid. Er würde den verursachten Schaden auch bezahlen. Die Anzeige hatten wir aber dennoch laufen lassen, wir versicherten ihm aber, dass das keine nennenswerten Konsequenzen und schon gar keinen Eintrag in beispielsweise dem polizeilichen Führungszeugnis zur Folge haben wird. Er nahm es so hin, gab uns Geld als Schadensersatz und damit war für den damaligen Stand eigentlich alles gut.
Seit dem Ereignis war er in unregelmäßigen Abständen immer wieder mal im Laden. Meistens nicht als Kunde mit Kaufabsicht, sondern als der betrunkene Mr. Hyde, der Nachschub braucht. Normalerweise komplementieren wir ihn einfach raus und hoffen, dass es wieder besser wird. Nachdem er uns an einem Tag vor einer Weile mehrfach aufgesucht hatte, haben wir ihn mal mit nach hinten ins Lager mitgenommen und die Polizei gerufen. Nicht um seine Personalien oder den Diebstahl aufzunehmen, die Daten haben wir ja, sondern in der Hoffnung, dass die Uniformierten etwas mehr Eindruck hinterlassen als wir hier.
Die Polizei kam und ich hatte ihnen meinen Frust berichtet und dass wir nicht wissen, was wir mit dem Kunden anstellen sollen. Ich sagte ihnen (und das hatte auch Mr. Hyde mitbekommen), dass er eigentlich anständig und sehr umgänglich ist. Aber dass er irgendwie das mit dem Alkohol in den Griff bekommen muss, denn so geht es doch nicht weiter.
Das Problem dabei ist oder war: Er ist ein erwachsener Mann und solange er durch sein Handeln keine Fremdgefährdung auslöst und nur sich selber schadet, kann er machen, was er will. Natürlich nicht unbezahlten Alkohol trinken, das war damit nicht gemeint. Aber es gibt keine rechtliche Handhabe, ihn davon abzuhalten, sich ins Koma oder bis zum Exitus mit Alk selber zu medikamentieren. "Sie können ihm Hausverbot geben und ihn immer wieder anzeigen", gab die Polizei mir als Rat. Darum ging es uns aber gar nicht und wir haben auch nach dieser einen oben erwähnten Anzeige keinen einzigen weiteren Vorfall zur Anzeige gebracht.
Ich erklärte den Polizisten das Dilemma, dass ich hier gerade mit diesem Beitrag zu schildern versuche. Wenn er nüchtern ist, darf er gerne bei uns rein, aber in betrunkenem Zustand wäre ihm das Hausverbot geradezu egal. Ich hoffe, dass er die Kurve kriegt und selber den Absprung aus seiner Sucht schafft oder jemanden oder eine Einrichtung aufsucht, so dass er die Hilfe bekommt, die er wirklich braucht.
Wir (ich & Kollegen) würden es ihm wirklich wünschen.
Wenn er
Vor ein paar Jahren hatten wir zufällig herausgefunden, wo er wohnt und wie er heißt und so hatten wir den kleinen Alkohol-Diebstahl kurzerhand angezeigt. Da kam er ein paar Wochen später auf uns zu und bat darum, die Anzeige wieder zurückzuziehen. Er sei ja ein anständiger Kerl und das alles tut ihm sehr Leid. Er würde den verursachten Schaden auch bezahlen. Die Anzeige hatten wir aber dennoch laufen lassen, wir versicherten ihm aber, dass das keine nennenswerten Konsequenzen und schon gar keinen Eintrag in beispielsweise dem polizeilichen Führungszeugnis zur Folge haben wird. Er nahm es so hin, gab uns Geld als Schadensersatz und damit war für den damaligen Stand eigentlich alles gut.
Seit dem Ereignis war er in unregelmäßigen Abständen immer wieder mal im Laden. Meistens nicht als Kunde mit Kaufabsicht, sondern als der betrunkene Mr. Hyde, der Nachschub braucht. Normalerweise komplementieren wir ihn einfach raus und hoffen, dass es wieder besser wird. Nachdem er uns an einem Tag vor einer Weile mehrfach aufgesucht hatte, haben wir ihn mal mit nach hinten ins Lager mitgenommen und die Polizei gerufen. Nicht um seine Personalien oder den Diebstahl aufzunehmen, die Daten haben wir ja, sondern in der Hoffnung, dass die Uniformierten etwas mehr Eindruck hinterlassen als wir hier.
Die Polizei kam und ich hatte ihnen meinen Frust berichtet und dass wir nicht wissen, was wir mit dem Kunden anstellen sollen. Ich sagte ihnen (und das hatte auch Mr. Hyde mitbekommen), dass er eigentlich anständig und sehr umgänglich ist. Aber dass er irgendwie das mit dem Alkohol in den Griff bekommen muss, denn so geht es doch nicht weiter.
Das Problem dabei ist oder war: Er ist ein erwachsener Mann und solange er durch sein Handeln keine Fremdgefährdung auslöst und nur sich selber schadet, kann er machen, was er will. Natürlich nicht unbezahlten Alkohol trinken, das war damit nicht gemeint. Aber es gibt keine rechtliche Handhabe, ihn davon abzuhalten, sich ins Koma oder bis zum Exitus mit Alk selber zu medikamentieren. "Sie können ihm Hausverbot geben und ihn immer wieder anzeigen", gab die Polizei mir als Rat. Darum ging es uns aber gar nicht und wir haben auch nach dieser einen oben erwähnten Anzeige keinen einzigen weiteren Vorfall zur Anzeige gebracht.
Ich erklärte den Polizisten das Dilemma, dass ich hier gerade mit diesem Beitrag zu schildern versuche. Wenn er nüchtern ist, darf er gerne bei uns rein, aber in betrunkenem Zustand wäre ihm das Hausverbot geradezu egal. Ich hoffe, dass er die Kurve kriegt und selber den Absprung aus seiner Sucht schafft oder jemanden oder eine Einrichtung aufsucht, so dass er die Hilfe bekommt, die er wirklich braucht.
Wir (ich & Kollegen) würden es ihm wirklich wünschen.
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Kommentare
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eigentlichegal am :
Deswegen muss seine nüchterne Seite mitbekommen, dass es so nicht weitergeht. => Eiskalt Hausverbot geben, wenn er das nächste Mal nüchtern kommt und sei es erstmal nur für ein halbes Jahr.
Toleranz gegenüber Alkis sorgt nur dafür, dass sie ihr Verhalten eben *nicht* ändern, weil man ihnen nur signalisiert, dass das alles noch in Ordnung geht,
Die bekommen nur mit, dass sich was ändern muss, wenn sie entsprechend hart auf dem Boden der Tatsachen aufschlagen.
El Gordo am :
z.B. John Doe am :
Nüchtern kauft er bei Penny und Rewe, betrunken mundraubt er bei E Harste.
Wem ist damit geholfen?
Also hart durchgreifen und das Hausverbot auch durchsetzen, wie es die Polizei rät.
Die Alternative wäre:
https://www.service.bremen.de/dienstleistungen/betreuung-antrag-auf-einrichtung-eines-betreuungsverfahrens-15003
Aber wie das genau funktioniert, wenn man den Betreffenden nur wage kennt: Keine Ahnung, eventuell finden sich hier Experten dazu.
Das einzig Richtige am :
Das einzig Richtige am :
Und die Polizei hat in Bremen anscheinend auch wenig zu tun, wenn sie ohne tatsächlichen Einsatzanlass ausrückt (wo nicht einmal eine gestellte Strafanzeige mitkommt) und den Sinnloseinsatz zu allem Überfluss nicht einmal in Rechnung stellt. Wenn Björns Zitat "Sie können ihm Hausverbot geben und ihn immer wieder anzeigen" der Wahrheit entspricht, wäre das zudem regelrechtes Betteln um die eigene Beschäftigung/Daseinsberechtigung der Beamten. Milch und Honig …
Da_Jackster am :
Soll Björn nun auf einen Teil seines Umsatzes verzichten und Alkohol komplett auslagern, nur weil es ein Prozentsatz X an Leuten nicht hinbekommt, Alkohol wie ein Genussmittel zu benutzen und nicht wie ein Rauschmittel? Als Nächstes verbieten Tankstellen, Benzin an tiefergelegte Autos zu verkaufen, weil die ja illegale Straßenrennen teilnehmen und somit andere Straßenverkehrsteilnehmer gewähren könnten. Merkste selbst oder?
Außerdem versucht Björn schon, sein "potenzielles Übel auf die Menschheit" zu begrenzen, siehe Silvesterknaller die er seit in paar Jahren schon gar nicht mehr anbietet.
Und über die Polizei: Was sollen die Beamten denn sagen? "Lass den einfach machen, YOLO!" oder "Belästige doch jemand anderen mit deinen Problemen!"? Und wenn Björn 100x die Polizei ruft, ist doch sein Ding dann, oder? Wenn's sein muss, muss es sein. Oder seufzt du nach deinem großen Geschäft auf dem Klo auch immer, dass du SCHON WIEDER Klopapier benutzen musst?
Da_Jackster am :
Das einzig Richtige am :
Im Übrigen ist Alkohol nie ein "Genussmittel" mit tolerierbarer Dosis, sondern vom ersten Gramm an ein (Nerven-) Gift, gegen das der Körper aktiv ankämpfen muss. Ja, ich weiß, dass die Lobby bis heute glanzvolle Arbeit leistet, das ganz anders darzustellen und darauf angesprochene Süchtige die netterweise zur Verfügung gestellten Kenne-mein-Maß-Floskeln als Totschlagargument für ihren Konsum auch nachts um Drei im Bett aufsagen können.
Zur Polizei: Nein, es liegt nicht im Ermessen des Einzelnen, nach Gusto die Polizei zu rufen. Gerade aus Gegenden, in denen selbige nicht so viele freie Kapazitäten, wie es in Björns Ecke offensichtlich der Fall ist, zur Verfügung stehen hat, wird das leichtfertigen "Kunden" mit deiner Einstellung auch sehr deutlich gemacht, in einigen Fällen einschließlich Rechnung und wenn das Ganze sogar noch über die 110 abgewickelt wurde, mit größerem Besteck. Polizeibeamte sind keine Gratis-Sozialstation, die mal eben die Arbeit der eingesparten Security erledigt.
bli am :
Bis sich die Einstellung der Gesellschaft zum Alkohol ändert, braucht es Generationen. Für meine beiden Kinder, beide der vielgescholtenen Generation Z zugehörig, spielt Alkohol in ihrem Leben keine Rolle, und nach meinem Eindruck in ihrem Freundeskreis auch nicht (wurde ihnen zu Hause so vorgelebt).
Zur Polizei: Björn zahlt Steuern und das vermutlich nicht zu knapp. Damit hat er alles Recht der Welt, den Schutz des Staates, der auch das Gewaltmonopol für sich reklamiert, in Anspruch zu nehmen.
Einen privaten Sicherheitsdienst wird er vermutlich bald zusätzlich zu seinen Steuern bezahlen dürfen. Das ist aber nur ein Indiz für Staatsversagen.
DerBanker am :
Monimon am :
Gerade falls er alleine lebt, bekommt er möglicherweise gar kein Feedback zu seinen Ausfällen, und es könnte helfen, wenn er es selbst mal aus der Außenperspektive sieht.
Er scheint ja immerhin als Dr. Jekyll ganz umgänglich zu sein...
bli am :